Kurzprosa von Jennifer Sticklies

Der neue Job

“Also ich weiß nicht, ob Sie für diese Stelle das mitbringen was nötig ist?!” “Wieso?” Frau Tod ließ die Stripperstange so abrupt los, dass sie auf dem Hintern landete. “Als erstes: Meine Mädchen tanzen nicht im Mantel und schwingen dabei eine Sense und b) ich glaube kaum, dass sie jemanden so antörnen, dass er ihnen Geldscheine zusteckt – egal wo hin”.

Die Geschäftsführerin des Stripp-or-Rip schüttelte energisch den Kopf.

Frau Tod seufzte – aber nur aus reiner Gewohnheit.

“Ich brauche aber diesen Job, ich hab’s als Domina versucht, aber das ging zu sehr auf die Knochen; ich war auch als Clown auf Kindergeburtstagen, bin aber allergisch auf die Schminke und als ich es als Sanitäterin versuchte, sind die Leute gleich von der Trage gehüpft und haben das Weite gesucht wenn sie mich gesehen haben”.

“Okay, starten wir noch einen Versuch, haben sie vielleicht einen Song, der ihnen helfen könnte etwas lockerer zu werden?”

Frau Tod überlegte ein wenig und flüsterte dem Soundtechniker etwas ins Ohr, worauf sich sein Gesicht leicht verfärbte – ob es an Frau Tods Nähe oder der Songauswahl lag blieb ungeklärt …

Als die Musik aus den Boxen schallte und Frau Tod so richtig an der Stange loslegte, kamen den Anwesenden die Tränen, aber offensichtlich nicht vor Rührung. Es war jedoch nicht festzustellen ob es daran lag, dass sie sich zu “Atemlos durch die Nacht” an der Stange rekelte und der Auftritt dadurch noch schlimmer, ja geradezu unerträglich wurde oder daran, dass sie ihren Mantel ins Publikum warf.

Nachdem selbst die härtesten der Stammgäste – Mitglieder der Diabolo-Angels – in Tränen aufgelöst das Lokal verlassen hatten, nahm die Geschäftsführerin Frau Tod zu Seite und machte ihr ein Angebot das diese nicht ablehnen konnte.

Seit diesem Tag hatte das Stripp-or-Rip eine neue Rausschmeisserin mit der sich wirklich niemand anlegte, wenn er nicht im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde war.